Entstehung der Interkulturellen Gärten
Vor über 30 Jahren begann in New York City die Bewegung der Community Gardens, um die zahlreichen Brachflächen in benachteiligten und ausgegrenzten Stadtteilen zu nutzbaren Gartenflächen umzugestalten (Meyer-Renschhausen, 2004). Zu den vielschichtigen Zielen gehörten, vorliegendes Brachland in der Stadt den Bewohnern nutzbar zu machen und den Menschen ein Stück Natur zurückzugeben. Weiter wurde durch den eigenen Anbau von Gemüse ein Beitrag zur Selbstversorgung sowie zu lokalen Märkten geleistet. Die Menschen lernten, Verantwortung zu übernehmen und wurden zur Selbsthilfe motiviert. Ferner wurde das Brachland gemeinschaftlich bearbeitet, wodurch nachbarschaftliche Beziehungen zwischen den Menschen entstanden und der soziale Frieden gefördert wurde. In New York City erwies sich das Projekt der Community Gardens als erfolgreiche Strategie zur Verminderung von schwelenden Konflikten in sozial benachteiligten Bezirken. Die ganzheitliche Sichtweise, soziale, ökologische und ökonomische Probleme zusammengehörend zu betrachten, machte die Idee der Community Gardens noch wertvoller.
Nach dem Vorbild der New Yorker Community Gardens entwickelte sich die Idee der Interkulturellen Gärten in Deutschland. 1996 entstanden in Göttingen auf Initiative von bosnischen Flüchtlingsfrauen die ersten Projekte der Internationalen Gärten, wie sie dort genannt werden. Über die erwähnten Ziele der Community Gardens hinaus, sollen im Besonderen Migrant/innen und Flüchtlinge durch die Gärten angesprochen werden. Sie sollen einen Platz haben, in dem sie in der neuen Heimat Wurzeln schlagen können. Dies geschieht lebensnahe durch die Arbeit mit den Händen in der Natur. Ferner wird durch die bewusste ethnische Vermischung der Gärtner/innen aus Deutschland und verschiedensten anderen Ländern auch die Integration mit der einheimischen Bevölkerung gefördert (Müller, 2002). Die Verständigung erfolgt in Deutsch, da dies die Sprache ist, welche alle verbindet.
Von Göttingen aus breiteten sich die Interkulturellen Gärten in ganz Deutschland aus. Im Jahre 2002 bildete sich bei einem bundesweiten Treffen von Vertreter/innen interkultureller Gartenprojekte das Netzwerk Interkulturelle Gärten, ein offener Verbund unterschiedlicher interkultureller Gartenprojekte vorwiegend in Deutschland. Die Stiftung Interkultur ist die bundesweite Koordinationsstelle und übernimmt Aufgaben wie Wissenstransfer, Erfahrungsaustausch und Vernetzung in den Bereichen Fundraising, Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit (www.stiftung-interkultur.de).
Mittlerweile existieren auch in Österreich mehr als 30 Gemeinschaftsgärten (Stand: Sommer 2011), welche durch das Netzwerk Gartenpolylog koordiniert werden (www.gartenpolylog.org). Die beiden koordinierenden Institutionen stehen in Verbindung mit weiteren Organisationen interkultureller Gartenprojekte in den USA, Frankreich, Bosnien, Irland und anderen Ländern.
In der Schweiz haben sich seit kurzer Zeit Bestrebungen zum Aufbau interkultureller Gartenprojekte entwickelt. Mehrere Gartenprojekte sind in den letzten Jahren entstanden, drei in Bern, zwei in Basel und drei im Raum Zürich, ferner eines im Raum Aargau und Solothurn sowie Gartenprojekte in Villeneuve, Yverdon und Genève (Stand: Sommer 2011). Die einzelnen Projekte sind auf der Homepage www.interkulturelle-gaerten.ch unter Interkulturelle Gartenprojekte beschrieben.
Weltweit gibt es mittlerweile neben den Interkulturellen Gärten in Deutschland und Österreich und den Community Gardens in New York viele vergleichbare Gärten nach den Prinzipien der Gemeinschaftlichkeit, ökologischem Gärtnern und Interkulturalität. Weltweit gesehen leisten die Interkulturellen Gärten wie auch bereits die Community Gardens einen wertvollen Beitrag zum Aktionsprogramm Agenda 21, welches 1992 durch die Konferenz der Vereinigten Nationen (UNO) beschlossen wurde. In Berlin beispielsweise sind die Interkulturellen Gärten ein Leitprojekt der Lokalen Agenda 21. Innerhalb des Fachforums Stadtökologie besteht das Leitprojekt mit dem Thema: Hauptstadt der Interkulturellen Gärten – Natur mit Migrant/innen gemeinsam schützen und gestalten – Umsetzung Interkultureller ökologischer Gärten im Rahmen der Lokalen Agenda 21 Berlin (www.berlin21.net). Die Gärten fördern nachhaltige Entwicklung ganz konkret durch Bewusstseinsbildung und tatkräftiges Engagement der Bevölkerung.